"Sie haben weniger Erfahrung als Erwachsene, aber sie sind (meist) noch intakt. Sie leben in der Gegenwart, genießen den Moment - mit ihrer ungebremsten Kraft aus Gefühlen und Gedanken. Sie sind sicher, sie können fliegen ... "Augenblicke der Kinder" hat Reinhard Bernhof sein neuestes Kinderbuch getitelt: Geschichten darüber, wie man die Welt sehen kann, wenn man unbefangen und ohne Schuld ist.
Bernhof, 1940 in Breslau geboren, entlässt seine leisen Botschaften seit vielen Jahren von der Pleiße aus in die Welt. Sechs Lyrik-Bände sowie Erzählungen, die im Aufbau-Verlag Berlin und Weimar erschienen, bei Reclam Leipzig oder im Kinderbuch Verlag Berlin. Und immer schon hat er auch für Heranwachsende geschrieben, sehr genau und liebevoll. Etwa aus jüngster Zeit "Pelop und der treue Delphin" oder "Die große goldene Weltzeituhr" und "Lockerlangbarts Geheimnis", Märchen aus der Gegenwart für kleine und große Kinder, zu haben vom Projekte-Verlag Halle. Denn Kinder, findet Bernhof, sehen Dinge, die andere Leute nie entdecken. Und sie sehen selbst in einem Ast, einer Muschel, einem Möwennest oder einem zu Dreiviertel verfallenen Haus das Wunder, das da vielleicht mal stattgefunden hat. Oder das noch kommen wird, wenn man es nur will. Und Erwachsene, weiß Bernhof, können viel von Kindern lernen.
Reinhard Bernhof, der nach der Wende Stipendiat des Deutschen Literaturfonds Darmstadt war, Lehrer am Grinnell-College in Iowa (USA) und sowohl in der Wirtschaft als auch im Literaturbüro Leipzig e.V. tätig war, hat im Projekte-Verlag unter dem schönen Titel "Wegen Schweigens zeige ich mich an" auch eine Sammlung seiner verbotenen Texte aus den Jahren zwischen 1976 und '92 veröffentlicht. Sie erzählen von Freunden und Feinden, vom Anstehen und Abreißen und Reisen, von Gerüchten, Ängsten und Hoffnungen: blitzend vor Ironie und Klugheit, bestechend traurig und mit so einer wehen Hoffnung, die manchmal ansteckt."
Leipziger Volkszeitung, 23.05.06